Nationales Arbeitsrecht im Todesfall unterliegt europäischem Recht
Das Urteil des EuGH kam im November 2018 (Az. C-569/16 und C-570/16) aufgrund zweier vorangehender Rechtsstreitigkeiten zustande, die zur Prüfung vom deutschen Bundesarbeitsgericht eingereicht worden waren.
Die Witwen zweier verstorbener Arbeitnehmer hatten zunächst vor den zuständigen deutschen Landesgerichten geklagt, da sie die Auffassung vertraten, dass sie die Urlaubsabgeltung erben würden – dass also eine Auszahlung der von ihren Ehemännern zu Lebzeiten erworbenen Urlaubsansprüche erfolgen müsse.
Diese Ansprüche waren von beiden Arbeitgebern, bei denen es sich jeweils um ein staatliches und um ein privatwirtschaftliches Unternehmen handelte, abgelehnt worden. Die Witwen legten daraufhin Klage bei den zuständigen Arbeitsgerichtenein, die ihren Rechtsanspruch bestätigten. Die Berufungen der Arbeitgeber gegen die Urteile aus erster Instanz wurden von den Landesarbeitsgerichten zurückgewiesen.
Beide Arbeitgeber wandten sich sodann an das Bundesarbeitsgericht. Dieses setzte die Fälle aufgrund der Komplexität der Sachlage zunächst aus und bat den EuGH um eine Vorabentscheidung.
Urlaubsabgeltung erlischt normalerweise im Todesfall
Die Schwierigkeit bestand für das Gericht in einer Abwägung verschiedener gesetzlicher Vorgaben, die zunächst der Auslegung bedurften. Nach europäischem Recht hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf vier Wochen bezahlten Urlaub, der ausschließlich der Erholung dienen soll und daher nicht finanziell ausgeglichen werden darf – ausgenommen bei Kündigung.
So heißt es in Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 EG des Europäischen Parlamentes und des Rates: „Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.“
Dieses Gesetz soll klarstellen, dass der Urlaub im Wesentlichen der Erholung des Arbeitnehmers gilt. Dieser Zweck kann aber nach dem Ableben eines Arbeitnehmers nicht mehr erfüllt werden, weshalb aus Sicht der Revision einlegenden Unternehmen eine Auszahlung nicht infrage käme.
Demgegenüber steht allerdings die Regelung des Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach das gesamte Vermögen eines Verstorbenen, laut Erbrecht, im Todesfall an dessen rechtmäßige Erben übergeht. Die grundlegende Frage lautet daher: Lassen sich bereits erworbene Urlaubsansprüche dem Vermögen des Verstorbenen zuordnen? Der gängigen deutschen Rechtsprechung zufolge war dies bisher nicht der Fall. Stattdessen ging der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes mit dessen Tod unter.
Auszahlung: Urlaub umfasst Erholungsanspruch und finanzielle Vergütung
In seiner Urteilsbegründung führte der EuGH jedoch aus, dass bei Urlaubsansprüchen zweierlei zu berücksichtigten ist:
- Der Anspruch auf Freizeit und Entspannung
- Der Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung
Kann der Arbeitnehmer aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Urlaub nicht nehmen, hat er Anspruch auf eine finanzielle Vergütung – dabei spielt der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Rolle. Der Urlaubsanspruch wird somit nicht rückwirkend durch den Tod des Arbeitnehmers aufgehoben.
Die Ansprüche auf finanzielle Erstattung gehen als Vermögensanspruch an die Erben über, auch wenn nationales Recht dies nicht vorsieht (AZ C 570/16 und C-569/16). Würden nämlich Unionsrecht und nationales Recht in einem Widerspruch bestehen, so der EuGH, sei das nationale Gericht verpflichtet, Unionsrecht anzuwenden (Urt. v. 15.07.1964, Az. C-6/64). Dies gelte sowohl bei öffentlichen als auch bei privatwirtschaftlichen Arbeitgebern.
Den ursprünglichen Klagen der Witwen, die als Erben und damit Rechtsnachfolger der verstorbenen Arbeitnehmer gelten, wurde damit erneut stattgegeben. Das Urteil selbst ist umstritten, da es die Frage aufwirft, ob Unionsrecht hier über nationales Recht gestellt werden darf und muss.
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