Ende September veröffentlichte die EU ihre Pläne zur Verschärfung der Abgaswerte im Nutzfahrzeugbereich. Der Branchenverband lehnte diese rundweg ab. Die Automobilhersteller ließen verlauten, dass man zwar Maßnahmen im Dienste des Umweltschutzes begrüße, aber die von der Politik genannten Zielwerte als unrealistisch ansehe. Der Chef des größten deutschen Automobilherstellers rundete die Aussage dann gleich nach oben hin ab, indem er von einem Verlust von 100.000 Arbeitsplätzen sprach.
„Eine konstruktive Lösung ist schwer darstellbar, wenn man dem Diskussionspartner a priori die Kompetenz zum richtigen Maß abspricht“, so Dr. Ulrich W. Schiefer, Leiter des Mobilitätsentwicklers AtTrack GmbH. Und Schiefer weiter: „Geradezu stereotyp werden die von der Politik genannten Technikziele in den Bereich der Nichtmachbarkeit oder zumindest der Arbeitsplatzvernichtung verschoben.“ Für eine nachhaltige und dringend notwendige Umweltentlastung sei dies nicht zielführend, ist der Stuttgarter Automobilunternehmer überzeugt.
Nicht machbar oder nicht gewollt?
Besonders die pauschale Nichtmachbarkeit ist Schiefer ein Dorn im Auge: „Hier wird verkündet, was viele Automobilbaukollegen und auch wir als Entwicklungsdienstleister bei AtTrack alles nicht leisten können. Zugleich aber beteuert eine schillernde Werbewelt, dass unsere Produkte am obersten Ende noch machbarer Ingenieurskunst liegen und vor Technologie und Kompetenz geradezu überlaufen.“ Schiefer sieht darin eine altbewährte Strategie. So weigerte man sich in Deutschland lange, den Katalysator einzuführen, während in den USA auch die deutschen Fahrzeuge schon längst damit ausgerüstet waren. Gleiches galt für andere Maßnahmen, wie z.B. den Airbag oder Assistenzsysteme. Mindestens eine spätere Einführung und besser überhaupt keine gesetzliche Festschreibung wünschte man sich regelmäßig.
Diese Fortschrittsverweigerung stößt bei kritischen Beobachtern der Szene jedoch immer öfter auf Unverständnis. Schließlich habe es sich laut Schiefer vielmals um Technik gehandelt, die schon längst zur Produktionsreife entwickelt sei und zum Teil von den Zulieferern bereits sogar in andere Länder geliefert wurde. Vor dem Hintergrund, dass für Deutschland als Autobauer-Land die Fahrzeugindustrie traditionell eine Schlüsselbranche darstellt, ist dies nach Überzeugung von AtTrack Gründer Schiefer ein Desaster: „Den notwendigen – und auch gar nicht mehr aufzuhaltenden – Strukturwandel in der Automobilindustrie bewusst zu verzögern, kann sich nur nachteilig auswirken und birgt die Gefahr, den Anschluss an andere Länder zu verpassen, die diesbezüglich mutiger vorangehen“, warnt der Automobilunternehmer. Deshalb muss die deutsche Autoindustrie nach Ansicht des profunden Branchenkenners Ulrich W. Schiefer umgehend ihre Ängste beiseiteschieben. Erst dann sei es wieder und weiterhin möglich, dass Deutschland eine Vorreiterrolle im Fahrzeugbau einnimmt, resümiert Dr. Ulrich W. Schiefer.
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