„Es freut mich sehr, dass das Projekt dank des Rückhalts in der Region gut vorankommt und erste Erfolge sichtbar werden“, sagte BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel. „Denn das Fördergebiet liegt nicht nur fast vor der Haustür des Bundesamtes für Naturschutz, sondern auch in einer Region, die durch eine enge Verzahnung von Natur- und Kulturlandschaft gekennzeichnet ist. Gleichzeitig liegt es in unmittelbarer Nähe eines Ballungsraums. Umso erfreulicher ist es, dass das Projekt in der Region eine große Akzeptanz erfährt.“
Hubert Kaiser, für Forsten und Naturschutz zuständiger Abteilungsleiter im nordrhein-westfälischen Umweltministerium, erklärte, dass das Land die Bundesförderung stets gleichermaßen als Chance und als Verpflichtung gegenüber der Natur bewertet habe. Alle relevanten Landesbehörden würden das Projekt unterstützen. Dies gelte für die Flurbereinigung, vor allem aber für den Landesbetrieb Wald und Holz, der der größte Flächeneigentümer in der Fördergebietskulisse sei. „Das Projekt ist wegen seiner Größe, der Vielfalt seiner Zielstellungen und der herausragenden naturschutzfachlichen Bedeutung der Schutzgüter eines der wichtigsten und ambitioniertesten Naturschutzprojekte in NRW. Die Landesregierung wird den Projektträger bei seiner anspruchsvollen Naturschutzarbeit auch weiterhin unterstützen und ihren Beitrag dazu leisten, dass wir gemeinsam erfolgreich sind“, betonte Hubert Kaiser.
Landrat Sebastian Schuster bezeichnete die Entscheidung für eine Förderung des Projektes als Glücksfall für den Projektträger Rhein-Sieg-Kreis und die am Projekt beteiligten Kommunen. „Die Chancen, die ein solch langfristiges und nachhaltiges Projekt für die Natur, aber auch die Region bedeuten, sind enorm.“ Landrat Schuster dankte der BfN-Präsidentin und dem Abteilungsleiter für die beeindruckende Förderung, mit der man in der Lage sei, auch größere und aufwändige Naturschutzmaßnahmen umzusetzen.
Dass die Arbeit im Projekt chance7 ein lohnenswerter Kraftakt ist, erläuterten die Mitglieder des Projektteams unter der Leitung von Georg Persch während einer Besichtigung ausgewählter „Leuchtturmbereiche“ des insgesamt etwa 11.300 Hektar großen Projektgebiets. Das übergeordnete Leitbild von „chance7“ ist die Entwicklung überregionaler, ökologisch hochwertiger Biotopverbundsysteme. Ein weiterer Projektschwerpunkt ist die Förderung von überregional bedeutsamen Leit- und Zielarten.
„Chance7“ bedeutet nicht nur großartige Chancen für den Arten- und Lebensraumschutz im engeren Sinne. Ein wesentlicher Baustein des Vorhabens ist auch der Schutz und die Entwicklung der im Rhein-Sieg-Kreis noch umfangreich vorhandenen, aber durchaus stark gefährdeten traditionellen Kulturlandschaften.
Darin sieht die Präsidentin des BfN eine weitere Chance dieses Projektes: „Traditionelle Kulturlandschaften wie etwa die im Projektgebiet vorhandenen Heiden und Streuobstbestände bedürfen für ihre Existenz einer angepassten Nutzung oder Pflege. Hierdurch bietet das Projekt auch eine Chance für regionale Akteure wie örtliche Unternehmen und Landwirte, die für die Nutzung bzw. Pflege benötigt werden. Es leistet damit einen Beitrag zu einer nachhaltigen Regionalentwicklung.“
Vielgestaltige, bunte und artenreiche Landschaften sind sehr attraktiv für Besucherinnen und Besucher. Somit bietet dieses Projekt auch vielfältige Chancen und Möglichkeiten für Besucher und Erholungssuchende. Die Bedeutung dieses Projektes reicht dabei weit über seine Grenzen hinaus.
Durch die Anreicherung mit Totholz in Wäldern, die Verbesserung der Gewässerqualität und die Förderung blütenbunter Wiesen und Streuobstbestände leistet dieses Vorhaben auch einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen der artenreichsten Tiergruppe in Deutschland, der Insekten. Ihr Erhalt ist eine der größten aktuellen Herausforderungen für den Naturschutz und für das BfN.
Aus Sicht des BfN bietet das Projekt „chance7“ eine Vielzahl von Chancen. „Ich erkenne auch bereits wichtige Erfolge und ich weiß um die Tatkraft und Fachkompetenz der für das Projekt tätigen Akteurinnen und Akteure. Auch beobachte ich eine enge Verzahnung mit den zuständigen Verwaltungen und politischen Gremien. Das Bundesamt für Naturschutz möchte dabei nicht nur Hauptförderer sein. Wir verstehen uns eher als Partner, der auch fachlich auf Grund Jahrzehnte langer Erfahrungen und durch kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beraten und unterstützen kann. Insgesamt hinterlässt das Projekt einen äußerst positiven Eindruck“, so das abschließende Fazit von Prof. Jessel.
Hintergrund
„chance.natur“
Mit dem Programm „chance.natur“ verfolgt die Bundesregierung das Ziel, die herausragenden repräsentativen Landschaften Deutschlands zu erhalten und zu sichern. Bislang wurden 80 Naturschutzgroßprojekte mit einer Gesamtfläche von mehr als 3.700 km² gefördert. Dafür hat der Bund seit 1979 rund 500 Millionen Euro bereitgestellt. Derzeit stehen jährlich 14 Millionen Euro für den Erhalt und die Optimierung bundesweit bedeutender Natur- und Kulturlandschaften zur Verfügung.
Weitere Informationen: https://www.bfn.de/foerderung/naturschutzgrossprojekt.html
„chance7“
Die Planung für „chance7“ hatte bereits im Dezember 2010 begonnen. Im März 2015 startete die Umsetzungsphase (Projekt chance7 II). Der Förderbereich erstreckt sich über ca. 11.300 Hektar – vom Siebengebirge über das Pleiser Hügelland, Oberhau/Eudenbach, das Krabachtal, Leuscheid, die Bläulingswiesen an der Sieg bis hin zum Ennert und Kohlkaul/Pützchen im Stadtgebiet Bonn.
Insgesamt fließen bis 2025 rund 14,3 Millionen Euro (davon 75 % Bundesmittel, 15 % Landesmittel und 10 % Mittel des Rhein-Sieg-Kreises und der am Projekt teilnehmenden Kommunen) in die Region. Damit sollen für die im Projekt bedeutsamen Arten – von der Wildkatze über den Steinkrebs bis zur Mauereidechse – die Lebensbedingungen verbessert, die ökologische Situation in den Wäldern optimiert, der Anteil an artenreichen Wiesen und Weiden erhöht, zahlreiche Gewässer und Auenbereiche optimiert sowie Obstwiesen erhalten und gefördert werden. Die fachliche Betreuung für den Bund liegt beim Bundesamt für Naturschutz (BfN).
Weitere Informationen: www.chance7.org
Exkursionspunkte im Überblick
In der Komper Heide wurden die Flächen mit großem Aufwand für die Wiederherstellung des Lebensraumes Heide vorbereitet. Ende letzten Jahres haben sich bei entsprechend günstiger Witterung erste Heidepflanzen etabliert. Heute ist das Projektteam zuversichtlich, dass sich die Flächen entsprechend den Zielen entwickeln und gefährdete Arten wie Lungenenzian, Moorlilie und Sonnentau auf den ehemaligen Fichtenflächen einen neuen Lebensraum finden werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Flächen ab sofort auch in die Schafbeweidung integriert werden, die im angrenzenden Naturschutzgebiet Buchholzer Moor durchgeführt wird.
Der Eudenberg, ein ehemaliger Basaltsteinbruch und zweite Station des Ortstermins, weist aufgrund der ehemaligen Nutzung eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume auf. Felsbereiche wechseln sich ab mit schütteren Rohböden, Gebüschen, Weiden, Fließgewässern und alten Wäldern. Artenreich ist auch die dort vorkommende Vogel-, Insekten- und Amphibienfauna. Nachdem das Gelände im vergangenen Jahr mit Projektmitteln erworben worden war, konnten bereits erste Maßnahmen umgesetzt werden: Im Fokus stand dabei die Schaffung zusätzlicher Kleingewässer für die seltene Gelbbauchunke, eine der Zielarten im Projekt. Bereits wenige Wochen nach dem Ausheben der Tümpel laichten die Unken ab, nun sind Kaulquappen zu sehen. Ein schöner Erfolg auch für die Biologische Station, die die Maßnahme begleitete und bereits vor vielen Jahren erste Kleingewässer am Eudenberg angelegt hatte.
Wie sich ein Biotopverbundsystem an den Rheinhängen umsetzen lässt, war am Kellerberg in Oberdollendorf, der dritten Station, zu sehen: Mittlerweile sind aus den sonnigen Hängen des ehemaligen Weingutes Heisterberg artenreiche Magerweiden mit einem entsprechenden Insektenreichtum entstanden. Allerdings sind die vielen kleinen Wiesen und Weiden an den Rheinhängen zwischen Niederdollendorf und Königswinter weitgehend isoliert, ein Austausch von Tieren kaum möglich. Deshalb sollen auch hier Wanderkorridore zwischen den verinselten Flächen geschaffen und zu artenreichen Weideflächen entwickelt werden. Außerdem bietet die dann vergrößerte Fläche Möglichkeiten, die seltene Mauereidechse, die früher in allen Weinbergen vorkam, hier wieder anzusiedeln.
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