Menschen, deren Eltern oder Großeltern zum Beispiel aus der Türkei nach Deutschland ausgewandert sind, sprechen meist die Sprache der neuen Heimat besser als die ihrer Familie. In diesem Zusammenhang sprechen Fachleute von Heritage-Sprache und Mehrheitssprache. „Heritage stammt aus dem Englischen und heißt Erbe“, sagt Professorin Allen aus dem Fachbereich Sozialwissenschaften. „Mit dem Begriff bezeichnet man die Sprache, die zum kulturellen Erbe der Familie gehört, etwa weil die Eltern oder Großeltern ausgewandert sind.“ Bei der Mehrheitssprache handelt es sich im Gegensatz dazu um die Sprache, die in der neuen Heimat gesprochen wird.
Oftmals zeigt sich, dass diese Menschen die Heritage-Sprache verändern. Dies lässt sich zum Beispiel im Türkischen beobachten, das von Türken gesprochen wird, die bereits in der zweiten Generation hier heimisch sind. Sie nutzen das Zahlwort für „eins“ genauso wie im Deutschen, obwohl es im Türkischen, etwa bei „Ich esse einen Apfel“, nicht vorkommt. Aber auch bei der Mehrheitssprache kann es zu solchen Veränderungen kommen, wenn beispielsweise grammatische Regeln der einen in der anderen Sprache verwendet werden.
„In dem Forschungsvorhaben geht es darum, die Unterschiede in Satzbau und Wortfolge von Heritage-Sprechern sowohl in ihrer Heritage-Sprache als auch in ihrer Mehrheitssprache im Vergleich zu Muttersprachlern zu untersuchen und zum Teil auch darum, wie die Herkunftssprache die Mehrheitssprache beeinflusst und umgekehrt“, sagt Allen. Im Fokus stehen hierbei Griechisch, Türkisch, Deutsch, Russisch und Englisch. Dabei untersuchen die Forscherteams zum einen, wie sich Griechisch, Türkisch, Russisch und Englisch auf das Deutsche, aber auch wie sich Griechisch, Türkisch, Russisch, Deutsch auf das Englische auswirken.
Darüber hinaus gehen die Teams der Frage nach, inwieweit die Heritage-Sprecher den Satzbau der Umgangssprache in die formelle Sprache übernehmen, obwohl die Muttersprachler dies gewöhnlich nicht tun. Auch möchten die Forschergruppen herausfinden, wie normale Entwicklungsprozesse bei verschiedenen Sprachen ablaufen und wie die Umgangssprache die formelle Sprache beeinflusst. „Die vielfältigen Vergleiche durch die verschiedenen Sprachen im Projekt erlauben es uns, diese Möglichkeiten voneinander zu unterscheiden“, so die Kaiserslauterer Professorin weiter. Das Team um Allen wird sich an der TUK damit beschäftigen, wie sich das Englische in den USA durch Heritage-Sprachen ändert und umgekehrt.
In der neuen Forschungsgruppe werden acht Projekte kooperieren. Neben der TUK sind daran beteiligt: die Universität Potsdam, die Humboldt-Universität zu Berlin, das Leibniz-Zentrum „Allgemeine Sprachwissenschaft“ sowie die Universitäten Mannheim und Stuttgart. Darüber hinaus sind zwei international führende Linguistik-Expertinnen aus den USA und Kanada als „Mercator Fellows“ dabei: Professorin Dr. Maria Polinsky von der University of Maryland und Professorin Dr. Shana Poplack von der University of Ottawa.
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