Häufigste Todesursache Herz-Kreislauf-Krankheiten: Soziale Unterschiede bremsen bei Bekämpfung

Einen dominierenden Einfluss auf die Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in allen Bundesländern haben vor allem die koronare Herzkrankheit (KHK) und die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) mit zusammengenommen mehr als 175.000 Sterbefällen (2015), wie aus dem Deutschen Herzbericht 2017 (https://www.herzstiftung.de/…) hervorgeht. Bei der KHK kommt es infolge einer Verengung der Herzkranzgefäße zu einer Mangeldurchblutung des Herzens, im schlimmsten Fall führt sie zum Herzinfarkt und zur Herzschwäche. "Für beide Herzkrankheiten ist die Bekämpfung der schon lange bekannten Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes oder Stress durch Vorsorge, d. h. Lebensstiländerungen, Verhältnisprävention* sowie therapeutische Maßnahmen wichtig", betont Prof. Dr. med. Andreas Stang, MPH, vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und Leiter des Zentrums für Klinische Epidemiologie am Uniklinikum Essen.
Ein großer Teil der Herz-Kreislauf-Erkrankungen lässt sich auf verhaltensbedingte Risikofaktoren wie Bewegungsmangel, Rauchen und Übergewicht (Adipositas) als Folge ungesunder Ernährung zurückführen. "Das Präventionspotenzial der beeinflussbaren Risikofaktoren ist hoch, kann aber nur ausgeschöpft werden, wenn Vorbeugung nicht ausschließlich als Aufgabe der Ärzte, sondern als gesamtgesellschaftliche Aufgabe all derer verstanden wird, die das Lebensumfeld von Kindern und Erwachsenen prägen: die Familie, der Arbeitsplatz, das Wohnumfeld, Kita und Bildungsstätten sowie Politik und Medien", wie Stang betont. "Dabei sollten gesundheitsfördernde Lebensbedingungen geschaffen werden, die wirklich alle Kinder und Erwachsene in ihren unterschiedlichen Lebenswelten erreichen."

Bildungsunterschiede verfestigen sich auch im Gesundheitsverhalten

Denn Sorge bereiten soziale Unterschiede in der Verbreitung von Risikofaktoren. Das zeigen bundesweite Erhebungen des Robert Koch-Instituts (RKI) (GEDA 2014/2015- EHIS), die der neue Herzbericht vorstellt. "Je höher der Bildungsstand, desto gesünder verhalten sich die Menschen: Sie rauchen weniger, sind sportlich aktiver und essen mehr Obst und Gemüse und steuern so Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes oder psychosozialem Stress entgegen, die wiederum zu Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzschwäche führen", bestätigen Priv.-Doz. Dr. Hannelore Neuhauser vom RKI und ihre Mitautoren des Herzbericht-Kapitels zur Prävention.

Woran es hakt: Dauerhaftes Sitzen, zu wenig Obst und Gemüse, Rauchen

Während Erwachsene mit höherem Bildungsniveau in den letzten Jahren sportlich aktiver wurden, ist die sportliche Inaktivität bei Personen mit niedrigerem Bildungsstand konstant hoch geblieben. "Je höher der Bildungsstand, desto häufiger wird die Empfehlung der WHO zur Ausdaueraktivität von zweieinhalb Stunden Ausdaueraktivität pro Woche erreicht." Dieses Pensum schaffen 42,6% der Frauen und 48,0% der Männer in Deutschland. Als bedenklich sehen Herzspezialisten, dass zirka die Hälfte der Frauen (47,5%) und Männer (47,2%) im Erwerbsalter (18 bis 64 Jahre) angeben, während der Arbeit vorwiegend zu sitzen oder zu stehen und somit viele Stunden am Tag körperlich inaktiv sind. "Bewegung ist aber für die Bevölkerung unverzichtbar, weil sie nachweislich Schutz vor Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und sogar psychischer Belastung bringen kann und somit für Herzleiden wie Herzinfarkt und Herzschwäche enormes Präventionspotenzial aufweist", so Neuhauser. (Infos: https://www.herzstiftung.de/ausdauer-verbessern)
Ähnlich breit gefächerte positive Auswirkungen sind mit dem Verzehr von Obst und Gemüse sowie der Vermeidung von Adipositas verbunden. Der tägliche Konsum von ausreichend Obst und Gemüse geht mit einem niedrigeren Herz-Kreislauf-Risiko einher und kann durch den relativ geringen Energiegehalt dazu beitragen, Übergewicht zu vermeiden. Daher sind auch hier Bildungsunterschiede sehr bedenklich. "Bei Frauen ist der tägliche Obst- wie auch der Gemüsekonsum in der oberen Bildungsgruppe höher als in der niedrigen. Bei Männern sehen wir derartige Bildungsunterschiede vorrangig bei den 45- bis 64-Jährigen", berichtet Neuhauser. Auch das Rauchen ist deutlich häufiger in den niedrigen Bildungsgruppen sowohl bei Frauen als auch bei Männern (Ausnahme: 65-Jährige und älter) verbreitet als in hohen Bildungsgruppen. Jugendliche mit niedrigem Sozialstatus rauchen häufiger als Gleichaltrige mit hohem Sozialstatus.
Die Herzstiftung und Gesundheitsexperten plädieren für eine Präventionsstrategie (neben der medizinischen Versorgung), bei der die Maßnahmen auf allen Ebenen parallel ansetzen.
"Das kann durch die Schaffung förderlicher Bedingungen für ausreichend Bewegung, gesunde Ernährung in Kitas und Schulen gerade in benachteiligten Wohnquartieren und auch an den Arbeitsplätzen geschehen, durch die Kennzeichnungspflicht ungesunder Nahrungsmittel oder durch kommunale Steuerung von Fast-Food-Angeboten", unterstreicht die RKI-Gesundheitsexpertin.

*Verhältnisprävention setzt an den Lebensbedingungen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen an, die das individuelle Gesundheitsverhalten und auch psychosoziale Risikofaktoren (z. B. Stressbelastung am Arbeitsplatz, finanzielle Zukunftssorgen) mitbeeinflussen können.

Tipps und Infos zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhalten Betroffene bei der Deutschen Herzstiftung per Telefon 069 955128400 oder unter https://www.herzstiftung.de 

Der neue Deutsche Herzbericht 2017 kann kostenfrei angefordert werden unter https://www.herzstiftung.de/herzbericht oder per Tel. unter 069 955128400.

Einen Herzinfarkt-Risiko-Selbsttest bietet die Herzstiftung unter https://www.herzstiftung.de an.

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