Konsolidierte Zustellung löst keine Probleme auf der Letzten Meile

In der gestrigen Ausgabe des Handelsblattes fordert Post-Chef Frank Appel, dass deutsche Städte einen Kurier-, Express- und Paketdienstleister (KEP) exklusiv beauftragen sollen, die Zustellung in der Innenstadt zu übernehmen. Dieser Vorschlag führt nicht zu erhöhter logistischer Effizienz und ist auf mehreren Ebenen problematisch. „Gerade die KEP-Branche ist aufgrund der sehr fortgeschrittenen Prozessoptimierung kein geeignetes Feld für solche Konsolidierungsversuche. In der Gesamtbilanz würden weder Hintergrundverkehre und der zusätzliche Umschlag zu Umweltvorteilen führen, noch würde sich auf ein Stadtgebiet bezogen die Anzahl der Fahrzeuge verringern. Sollte dieser Vorstoß einmal Realität werden, ist zudem mit hohen Qualitätseinbußen für die Paketempfänger zu rechnen“, so Florian Gerster, Vorsitzender des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik (BIEK).

Die Gegenargumente im Einzelnen:

1. Sehr gute Auslastung der Zustellfahrzeuge

In der BIEK-Nachhaltigkeitsstudie 2017 wurden Mengengerüste in Berlin, Hamburg und München erhoben, die eine durchschnittliche Auslastung von ca. 160 Sendungen pro Tour ergeben. Damit ist ein typisches Zustellfahrzeug der Klasse 3,5 Tonnen sehr gut ausgelastet, so dass eine „Umverteilung“ der Sendungen zwischen den agierenden KEP-Diensten keinesfalls zu einer Verringerung der absoluten Anzahl der Zustellfahrzeuge führen würde. Im Gegenteil: Wenn gemischte Zustell- und Abholtouren aufgebrochen werden, würde das die Anzahl der Zustellfahrzeuge in den Städten erheblich erhöhen, gleichzeitig würde die logistische Effizienz sinken.

2. Fehlende Umschlagspunkte und zusätzliche Schwerlastverkehre

Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die stadtgeografischen Lagen der Depots der KEP-Dienste, die sich, wie am Beispiel von Berlin, Hamburg und München aufgezeigt, teilweise weit außerhalb der Stadtzentren befinden. Für eine Sendungskonsolidierung nach dem Cross-Docking-Prinzip wären zusätzliche Umschlagspunkte in den derart zu konsolidierenden Gebieten erforderlich, die es als großflächige Logistikimmobilien im dicht besiedelten urbanen Raum so aber nicht gibt. Zudem würden auf diese Art und Weise zusätzliche Schwerlastverkehre > 12 Tonnen von den Depots zu diesen Crossdocks in den Innenstädten generiert.

3. „Point of Sale“ und individuelle Dienstleistungsangebote

Viele Touren sind gemischte Zustell- und Abholtouren und gerade die Abholungen sind der „Point of Sale“ der KEP-Dienste. Das schließt eine horizontale Kooperation aus wettbewerblicher Sicht aus. Weiterhin differenzieren sich die KEP-Dienste stark über ihr Dienstleistungsangebot und die verfügbaren IT-Services für Kunden. Auch dies ließe bei reinen Zustelltouren horizontale Kooperationen scheitern, sowohl an der Komplexität als auch der dann allumfassenden Dienstleistung.

Die hohe Optimierung des KEP-Verkehrs ist ein Ergebnis des Wettbewerbs. Diesen außer Kraft zu setzen, führt nicht zu Lösungen, die den Kunden in den Vordergrund rücken, sondern zu solchen, die der „Exklusivlogistiker“ bevorzugt. „Augenscheinlich verspricht sich der Marktbeherrscher DP/DHL Mengenzuwächse aus einer solchen Entwicklung, weil sein Unternehmen deutlich die stärkste lokale Präsenz in Deutschland hat“, betont Florian Gerster.

Der Bundesverband Paket und Expresslogistik:

Im 1982 gegründeten Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) sind die führenden Anbieter für Kurier-, Express- und Paketdienste in Deutschland organisiert: DPD, GLS, GO!, Hermes und UPS. Die Mitgliedsunternehmen bieten ihren Kunden eine bundesweit flächendeckende Zustellung von der Hallig bis zur Alm. Die Branche realisierte im Jahr 2016 Umsätze in Höhe von 18,5 Milliarden Euro und beförderte 3,16 Milliarden Sendungen.

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